Kadervorsorge: Gesetzesänderung sorgt für Bewegung

Seit über zehn Jahren können Vorsorgeeinrichtungen im Rahmen eines Vorsorgeplans ihren Versicherten bis zu zehn Anlagestrategien anbieten. Die Wahlmöglichkeit (nach dem Artikel 1e der Verordnung über die berufliche Vorsorge benannt) gilt allerdings nur für Lohnanteile oberhalb des Garantiebereichs des Sicherheitsfonds (ab 132’300 bis 882’000 Franken, aktualisiert für 2023).

Bei 1e-Plänen können Versicherte die Anlagestrategie auf ihr individuelles Risikoprofil abstimmen. Sparbeiträge werden auf einem persönlichen Konto gutgeschrieben und entsprechend der gewählten Strategie investiert. Die Rendite wird ausschliesslich dem eigenen Konto zugeteilt, es werden keine kollektiven Wertschwankungsreserven gebildet. Gerade im aktuellen Tiefzinsumfeld bietet die individuelle Anlagewahl eine Chance auf höhere Rendite, dafür trägt der Versicherte aber auch das Risiko. Weil das nicht allen zusagt, muss der 1e-Plan mindestens eine Strategie mit geringem Risiko anbieten.

Systemfehler fällt weg

1e-Pläne sind erst wenig verbreitet. Ein Grund ist, dass die Umsetzung mit Risiken für die Vorsorgeeinrichtung verbunden ist. Gemäss Freizügigkeitsgesetz (FZG) muss dem Versicherten eine Mindestaustrittsleistung garantiert werden. Ein Versicherter könnte so eine risikoreiche Strategie wählen und spätere Verluste auf die Vorsorgestiftung abwälzen.

Bereits 2008 forderte Nationalrat Jürg Stahl die Korrektur dieses Systemfehlers. Im Dezember 2015 beschloss das Parlament die Änderung des Freizügigkeitsgesetzes. Im August lud das Bundesamt für Sozialversicherungen einen kleinen Fachkreis ein, zum Entwurf der Verordnung Stellung zu nehmen. Da wurde unter anderem die Limitierung auf nur noch drei Anlagestrategien kritisiert und eine Anpassung gefordert. Die definitive Verordnung sollte dieser Tage (nach Redaktionsschluss) bekannt werden und tritt am 1. Januar 2017 in Kraft. Die Mindestaustrittsleistung fällt weg.

Im BVG-System ist die Solidarität wie die gemeinsame Versicherung von Risikoleistungen vorgesehen und wünschenswert. Dagegen ist die grundsätzlich systemwidrige Umverteilung von aktiv Versicherten zu Rentnern eine Folge der starren gesetzlichen Vorgaben im BVG-Obligatorium. Die höhere Lebenserwartung und die niedrigen Zinsen haben die Situation massiv verschärft und Schwachstellen des heutigen BVG-Systems aufgedeckt. Schätzungen zufolge werden zurzeit jährlich 3 bis 4 Mrd. Fr. zulasten der aktiv Versicherten umverteilt.

Digitalisierung hilft

Mit einer 1e-Lösung können sich Versicherte davor schützen. Für die Steueroptimierung kann durch die Erhöhung von Sparbeiträgen zusätzliches Einkaufspotenzial geschaffen werden. In Kombination mit dem Schutz vor Umverteilung und der eigenen Wahl der Anlagestrategie werden damit freiwillige Einkäufe noch attraktiver, zumal sie vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können. Gerade diese Vorteile dürften viele Kaderangehörige in KMU ansprechen und langfristig im Durchschnitt zu einer deutlich höheren Austrittsleistung führen.

Die Einführung eines 1e-Plans kann unter IFRS und US-GAAP eine deutliche Reduktion der Pensionsverpflichtungen bewirken. Das ist vor allem für internationale Unternehmen prüfenswert. Je nach Deckungsgrad und Umgang mit den freien Reserven kann eine 1e-Lösung zudem positiv für die eigene Pensionskasse sein. Die Auswirkungen sind vorab abzuklären, um allfällige negative Effekte für einzelne Einkommensgruppen auszuschliessen.

Mit der Änderung des FZG werden neue 1e-Angebote lanciert werden. Die Digitalisierung hilft, zumal moderne 1e-Pläne noch flexibler und günstiger angeboten werden können. Gerade Letzteres dürfte bei den aktuellen Tiefzinsen ein nicht zu unterschätzender Vorteil sein.

Artikel von Beat Bühlmann, publiziert im Sonderbund Vorsorge der Finanz und Wirtschaft vom September 2016.